Am Ende des Tages war mit dem 8. Mai der 2. Weltkrieg noch lang nicht vorbei.

8 Mai

Der 8. Mai 1945 gilt als der Tag des Kriegsendes. Tatsächlich aber war er mancherorts schon viel früher und anderswo erst viel später zu Ende.
Bereits im März und April 1945 rückten aliierte Truppen in Deutschland ein. Nach und nach eroberten sie Dörfer und Städte, die manche kampflos übergaben, während andere sie erbittert „verteidigten“. Nicht überall waren diese Kämpfe am 8. Mai 1945 bereits beendet.
Vor allem aber blieben viele Faschisten nicht nur als schweigende Massen, sondern sogar auf entscheidenden Ämtern und Positionen. Viele Wölfe legten den Schafspelz an und erklärten sich zu Angehörigen des Widerstands, während andere die geänderten Verhältnisse nur widerstrebend akzeptierten. Nur wenige Nazis waren ins Ausland emigriert, wo sie aber teilweise noch Jahrzehnte später als Spione für den Bundesnachrichtendienst (BND) tätig waren und dessen Schutz vor Strafverfolgung genossen.
BND-Gründer Reinhard Gehlen war schließlich selber Altnazi, der seine Haut rettete, indem er den US-amerikanischen Besatzern seine Geheimkenntnisse und Kontakte anbot. Die „Organisation Gehlen“ halt amerikanischen Antikommunisten, indem sie ihnen einen Pakt mit Altnazis anbot.
Der 8. Mai 1945 war also – nicht nur deswegen – keinesfalls ein Tag des grundlegenden Wandels. Die vielzitiert „Stunde 0“ war allerhöchstens ein Nullpunkt für die gerechte Aufarbeitung des Faschismus. Zu viele konnten und wollten ob ihrer Traumata nach Kriegsende über das erlittene Leid oder die begangenen Verbrechen lieber nicht sprechen und schwiegen.
Jahre des Hungers und des unermüdlichen Wiederaufbaus verlangten allen viel Kraft ab. Erst allmählich erkannte die Generation der sogenannen „68er“, dass sie Klarheit gewinnen musste über das Versagen ihrer Väter und Mütter oder das Schweigen der Lämmer. Umso wichtiger ist der 8. Mai als Gedenktag, der an die Greuel des Kriegs ebenso erinnert wie an die Schwierigkeit der Kriegsgeneration, mit eigener Verstrickung und eigenem Leid umzugehen.